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Am Arbeitsplatz

Individuelles und kollektives Arbeitsrecht

Paragraph

Alle Arbeitnehmer, Angestellte oder Arbeiter, haben in Deutschland bestimmte Rechte, die durch Gesetze, Tarifverträge und/oder Einzelarbeitsverträge festgelegt sind. Das Arbeitsrecht dient vor allem dazu, die Arbeitnehmer zu schützen. Alle Arbeitnehmer haben mit und ohne schriftlichen Arbeitsvertrag bestimmte individuelle Mindestrechte, zum Beispiel:

Abweichend vom Gesetz können im Tarifvertrag bessere Bedingungen vereinbart werden und im Arbeitsvertrag bessere Bedingungen als im Tarifvertrag. Dieses nennt man das Günstigkeitsprinzip. Arbeitsbedingungen unter dem gesetzlichen Mindeststandard sind nicht zulässig und nicht gültig.

Hinzu kommt das kollektive Arbeitsrecht, das aus dem Tarifvertragsrecht, dem Betriebsverfassungsrecht und der Unternehmensmitbestimmung besteht.

Betriebsverfassungsrecht

In allen Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen (z.B. GmbH, Aktiengesellschaft), in denen ständig mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, kann ein Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz gewählt werden. Der Betriebsrat nimmt die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs gegenüber dem Arbeitgeber wahr. Dabei arbeiten Betriebsrat und Arbeitgeber vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den in im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

Der Betriebsrat wird von allen im Betrieb tätigen Arbeitnehmern – unabhängig etwa von ihrer Staatsangehörigkeit - gewählt. Der Betriebsrat wacht z.B. darüber, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden und eine unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten wegen Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischer oder gewerkschaftlicher Betätigung bzw. Einstellung sowie wegen des Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

Eine weitere wichtige gesetzliche Aufgabe des Betriebsrats ist es, die Integration ausländischer Arbeitnehmer und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen. Er hat auch das Recht, die Entfernung eines Arbeitnehmers bei rassistischer oder fremdenfeindlicher Betätigung im Betrieb zu verlangen und seine Zustimmung zu der Einstellung eines Arbeitnehmers aus solchen Gründen zu verweigern.

Der Betriebsrat hat Beteiligungsrechte in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Beispielsweise hat er bei der Anordnung von Überstunden oder Kurzarbeit mitzubestimmen und ist vor beabsichtigten Einstellungen oder Kündigungen von Arbeitnehmern und bei der Aufstellung von Sozialplänen im Falle geplanter Betriebsstilllegungen oder anderer Betriebsänderungen zu beteiligen. In einigen Betrieben haben Arbeitgeber und Betriebsrat Betriebsvereinbarungen zur Förderung der Gleichbehandlung und zum Schutz vor Diskriminierungen abgeschlossen.

Probleme am Arbeitsplatz

Entspricht mein Lohn den tariflichen Bestimmungen? Habe ich als Arbeitnehmer Anspruch auf Weihnachtsgeld? Kann mein Arbeitgeber Überstunden verlangen? Welchen Anspruch auf Erholungsurlaub habe ich? Was passiert bei Krankheit oder Arbeitsunfällen? Informationen und Hilfe bei Problemen am Arbeitsplatz bieten auch der Betriebsrat in den Betrieben bzw. der Personalrat in Dienststellen der öffentlichen Verwaltung.

Auch bei Diskriminierungen oder Mobbing am Arbeitsplatz durch Kollegen oder Vorgesetzte kann unter anderem der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner sein. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, das Persönlichkeitsrecht und die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen.

Arbeitnehmer haben vielfältige rechtliche Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Sie können sich bei den zuständigen betrieblichen Stellen informieren oder sich durch ihre Gewerkschaft oder einen Anwalt beraten und ggfs. gerichtlich vertreten lassen. Vor den Arbeitsgerichten erster Instanz besteht kein Anwaltszwang. Die Rechtsantragsstellen der Arbeitsgerichte dürfen zwar keine Rechtsberatung im Einzelfall vornehmen, sind allerdings bei der formgerechten Erstellung von Klageschriften behilflich. Gegebenenfalls kann für die Prozessführung auch Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden.

Information: Weitere Informationen finden Sie im Serviceangebot des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit unter Hyperlink: www.bmwa.bund.de bzw. über das Infotelefon des Ministeriums zum Arbeitsrecht unter der Rufnummer 0180 5 615 003 (0,12 €/Min.) sowie beim Deutschen Gewerkschaftsbund unter Hyperlink: www.dgb.de bzw. Hyperlink: www.migration-online.de.

Kündigung und Kündigungsschutz

Eine Kündigung darf nicht willkürlich ausgesprochen werden; sie muss schriftlich erfolgen. Ein Arbeitnehmer hat allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat und im Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (Auszubildende zählen nicht mit, Teilzeitbeschäftigte werden anteilig berücksichtigt). Das Kündigungsschutzgesetz verlangt eine soziale Rechtfertigung einer Kündigung, d.h. sie muss durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein.

Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat gebildet, ist er vor jeder Kündigung zu hören. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen.

Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung erreichen, muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben.

Einen besonderen Kündigungsschutz genießen beispielsweise Frauen während einer Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung, Auszubildende und schwerbehinderte Menschen. Gegenüber diesen Arbeitnehmern besteht Kündigungsverbot oder der Arbeitgeber darf nur ausnahmsweise nach Einholung der vorherigen Zustimmung einer staatlichen Behörde kündigen. Nähere Informationen können u.a. der Betriebsrat oder die Gewerkschaften geben.

Arbeitszeit

Die Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Arbeitszeit in Deutschland sind im Arbeitszeitgesetz geregelt. Das Arbeitszeitgesetz gilt grundsätzlich für alle Arbeiter und Angestell­ten und die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Das Gesetz verzichtet darauf, weitergehende gesetzliche Vorgaben für die Arbeitszeitgestaltung zu machen, als dies für die Gewährleistung des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer erforderlich ist. Insbesondere regelt es die tägliche Höchstarbeitszeit, die Pausen und die Mindestruhezeit im Anschluss an die Arbeitszeit sowie das grundsätzliche Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Im Rahmen des Gesetzes wird die konkret zu leistende Arbeitszeit per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung bzw. durch Arbeitsvertrag festgelegt.

Die Überwachung des Arbeitszeitgesetzes ist Aufgabe der Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer (Gewerbeaufsichtsamt, Amt für Arbeitsschutz).

Arbeitsschutz

Der Arbeitsschutz umfasst alle Maßnahmen, mit denen die körperliche und geistige Unversehrtheit der Beschäftigten bei der Arbeit gewährleistet werden. Dazu zählen alle nötigen rechtlichen, organisatorischen, technischen und medizinischen Präventivmaßnahmen. Ziel ist in erster Linie die Abwehr von Gefahren, Schäden, Belästigungen und vermeidbaren Belastungen. Die Gestaltung humaner Arbeitsplätze, Arbeitsabläufe und Arbeitsumgebungen gehört ebenfalls zum Arbeitsschutz.

Grundlegende Arbeitsschutzvorschriften enthält das Arbeitsschutzgesetz. Spezielle Arbeitsschutzbereiche werden z.B. in folgenden wichtigen Gesetzen und Rechtsverordnungen geregelt:

Für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften ist in erster Linie der Arbeitgeber verantwortlich. Die zuständigen Länderbehörden (insbesondere die Gewerbeaufsicht) überwachen die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften. Die Berufsgenossenschaften sind als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für den Erlass von Unfallverhütungsvorschriften, die neben den staatlichen Arbeitsschutzvorschriften zu beachten sind, zuständig. Die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften wird von den Aufsichtsdiensten der Berufsgenossenschaften überwacht.

Kinder- und Jugendarbeitsschutz

Arbeitsschutz für Kinder und Jugendliche ist noch wichtiger als Arbeitsschutz für Erwachsene. Das Jugendarbeitsschutzgesetz und die Kinderarbeitsschutzverordnung schützen deshalb junge Menschen unter 18 Jahren vor Arbeit, die zu früh beginnt, die zu lange dauert, die zu schwer ist, die sie gefährdet oder die für sie ungeeignet ist.