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Pluralismus und Subsidiarität

Die politische und gesellschaftliche Diskussion wird wesentlich von den politischen Parteien, den vielen Interessenvertretungen aus Wirtschaft und Gesellschaft, Bürgerinitiativen, wissenschaftlichen Instituten und den Medien bestimmt. Es wird vom „Pluralismus“ in der Meinungsbildung und in der öffentlichen Diskussion gesprochen.

Eine Liste der größeren und bekannteren Vereinigungen, die in der Berichterstattung häufig genannt werden, sind im Anhang zusammengefasst.

Bürgerinitiativen sind Zusammenschlüsse von Einwohnern, die sich für gemeinsame politische, soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Ziele engagieren.

Die Subsidiarität ist ein gesellschaftsethisches Prinzip, das die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, der Selbstbestimmung und der Selbstverantwortung befürwortet. Im Rahmen der Politik bedeutet dies, dass viele öffentliche Aufgaben in der Bundesrepublik von nicht-staatlichen Organisationen und den Kirchen wahrgenommen werden. Auch in Deutschland werden diese Organisationen oft mit der englischen Abkürzung „NGO“ bezeichnet (Non-Governmental-Organisations). Diese Aufgabenverteilung ist das „Subsidiaritätsprinzip“: Mit Ausnahme der sogenannten „hoheitlichen Aufgaben“ wie zum Beispiel die der Polizei, der Justiz und des Militärs soll der Staat möglichst viele gesellschaftliche Aufgaben an nicht-staatliche Organisationen und Verbände – die NGOs – abgeben, das heißt der jeweils unteren Instanz wird der Vorrang im Handeln gegenüber der oberen Instanz zugewiesen. Im staatlichen Bereich hat das Subsidiaritätsprinzip bisher für die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinde und Staat, Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden und zwischen Bund und Ländern Anwendung gefunden. Der Staat soll nur selbst aktiv werden, wenn Verbände und NGOs den Aufgaben nicht oder nicht ausreichend gewachsen sind. Die Arbeit der Verbände z.B. im sozialen und kulturellen Bereich wird überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Wohlfahrtsverbände

Viele soziale Aufgaben, von der Kinder- bis zur Seniorenbetreuung, von der Familien- bis zur Gesundheitsberatung, werden maßgeblich von „Wohlfahrtsverbänden“ übernommen. Zu ihnen gehören u.a.: die „Arbeiterwohlfahrt“ (AWO), „Der Paritätische Wohlfahrtsverband“ und das „Deutsche Rote Kreuz“ (DRK). Sie sind nicht konfessionell gebunden. Die „Diakonie“ bzw. das „Diakonische Werk“ ist der Verband der Evangelischen Kirche. Die „Caritas“ ist der Verband der Katholischen Kirche. Man kann sich aber unabhängig von der eigenen Religionszugehörigkeit an das „Diakonische Werk“ oder die „Caritas“ wenden. Neben den Wohlfahrtsverbänden existieren viele Vereine und Initiativen in den Regionen und Städten, die soziale und kulturelle Aufgaben übernehmen und sich politisch engagieren.

Information: Eine Auflistung der Adressen gibt es im Kapitel Querverweis: Organisationen und Ansprechpartner.

Gewerkschaften und Arbeitgeber

Arbeitgeber und Gewerkschaften haben die durch das Grundgesetz geschützte Aufgabe, in einem schriftlichen Vertrag (Tarifvertrag) die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und –nehmer auszuhandeln (Tarifautonomie). Im Tarifvertrag sind Mindestnormen festgelegt, von denen nur dann abgewichen werden darf, wenn es den Arbeitnehmer begünstigt. Der Tarifvertrag legt z.B. die Höhe des Entgelts in den jeweiligen Lohn- oder Gehaltsgruppen fest (Entgelt-Tarifvertrag), indem er bestimmte Tätigkeitsmerkmale definiert; weiterhin werden Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche festgelegt.

Die Gewerkschaften als Tarifpartner sind die sozialen und wirtschaftlichen Interessenvertretungen der abhängig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Auszubildende). Die deutschen Gewerkschaften sind unabhängig vom Staat und den Parteien. Sie sind Einheitsgewerkschaften, die nach dem Industrieverbandsprinzip organisiert sind. Der Begriff Arbeitgeber wird oft als Abkürzung für die Verbände der Arbeitgeber, z.B. die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) oder den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verwendet.

Siehe auch Kapitel Querverweis: Individuelles und kollektives Arbeitsrecht